Seismische Sprengstoffe: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 20. März 2021, 12:15 Uhr

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Die Seismik stellt an die Gesteinssprengstoffe ganz besondere Anforderungen, die zur Entwicklung von Sondertypen sowohl in der Zusammensetzung als auch in der Ausbildung der Patronenformen geführt haben. Die von L. Mintrop erfundenen seismischen Messungen mit Hilfe von Sprengstoffexplosionen klären tektonische Fragen, lokalisieren Strukturen und Verwerfungen und geben Auskunft über Einfallen und Verlauf von Schichten tief im Innern der Erdrinde. Sie geben jedoch keinerlei Aufschluss über das Vorhandensein von Erdöl. Die beim Untergrund durch Sprengungen aufgedrückten elastischen Wellen werden oszillographisch registriert. Die aus der Optik geläufigen Gesetze der Wellenausbreitung finden analog auf diese Wellen Anwendung, wobei man einen durchgehenden und dabei der Brechung unterliegenden und einen reflektierenden Wellenanteil unterscheidet (seismische Refraktions- und Reflexionsverfahren).

Da die seismischen Sprengungen vielfach unter Wasser oder in tiefen Bohrlöchern erforderlich sind, müssen die zur Erzeugung der Bodenerschütterungswellen benutzten Sprengstoffpatronen u. U. in erheblichen Tiefen zündbar sein, ohne Abriss voll durchdetonieren und sich bequem und funktionssicher laden lassen. Da im Allgemeinen die Bohrlöcher mit Wasser gefüllt sind und zudem das Wasser die Übertragung der Erschütterungswelle in die Formation begünstigt, bedeutet dies, dass die seismischen Sprengstoffe meist etwa 100 m Wassersäule bzw. 10 at Druck, in grösseren Tiefen sogar vereinzelt wesentlich mehr aushalten müssen, ohne an Detonierbarkeit einzubüssen. Zudem kann die Einwirkung von Wasser und Druck auch mehrere Tage andauern.

Bei den üblichen Gesteinssprengstoffen (gelatinöse Sprengstoffe) wird die Detonierbarkeit oberhalb etwa 3,5 at bereits kritisch. Die Lufteinschlüsse verkleinern sich dann entsprechend der Zustandsgleichung für ideale Gase; bei 100m Tiefe bzw. 10 at sind sie z.B. auf 1/10 ihres ursprünglichen Volumens zusammengedrückt. Hierdurch wird die Detonationsempfindlichkeit so stark geschwächt, dass der Sprengstoff nicht mehr einwandfrei durchdetoniert.

In der Praxis hat man zwei Wege beschritten, um das Problem der Detonierbarkeit bei höherem Druck zu lösen. Zunächst isolierte man den Sprengstoff gegen Wasser und Druck, indem man statt der üblichen weichen Patronenumhüllung aus Papier, Pappe oder Kunststofffolie eine Druckfeste Verpackung nach Art einer Konservendose, jedoch aus Stahlblech verwendet und sie zudem noch mit Schraubgewinden ausstattete.

In den USA werden in diese Patronen nicht-kapselempfindliche, pulverförmige, nitroglycerinfreie Sprengstoffe vom Typ Nitramon geladen und dazu zur Initiierung kapselempfindliche Primer, die ähnlich dem Niramon aufgebaut sind, jedoch neben Ammonsalpeter etwa 15-20% Trinitrotoluol enthalten. Die Primärbüchsen besitzen ein Einführungsrohr für die Sprengkapsel. Man wählt besonders unempfindlichen Sprengstoffe, weil sie in den USA erleichterten Transportbedingungen unterliegen, was jedoch für viele andere Staaten nicht zutrifft.

Derartig druckfest eingeschlossene Sprengstoffe sind für seismische Messungen bis in etwa 80 m Tiefe geeignet. Eine Erhöhung der Druckfestigkeit darüber hinaus macht blechverarbeitungstechnisch grosse Schwierigkeiten.

Die zweite Möglichkeit besteht darin, den Sprengstoffen selbst die erforderliche Detonationssensibilität unter erhöhten Drücken zu verleihen. Dies geht nur bei gelatinösen Sprengstoffen. Die pulverförmigen Sprengstoffe mit einer Raumerfüllung von ca 70 % und Ammonsalpeter als sehr wasserlösliche Komponente würden unter Druckwasser zusammengedrückt werden und verlören dadurch an Detonationssensibilität; bei nicht wasserdichter Patronierung würden sie sich mit Wasser sättigen und dadurch unbrauchbar werden.

Die Erhöhung der Sensibilität beruht auf dm Zusatz feinverteilter inerter Stoffe, die ähnlich wie Luftblasen wirken. Der Effekt ist möglicherweise ähnlich: durch Inhomogenisierung des Sprengstoffes die Stosswellenbreite der Detonationswelle zu vergrössern und damit deren Durchdringungsfähigkeit durch die Sprengstoffmasse zu verbessern.

Als inerte Zusätze haben sich harte, scharfkantige Stoffe, wie Bimsmehl oder Quarzmehl als besonders wirksam erwiesen; gleichzeitig wird aber dadurch die Reibempfindlichkeit des Sprengstoffes erhöht, so dass der Anwendbarkeit solcher Stoffe Grenzen gesetzt sind. Jedoch sind auch Stoffe bekannt, die zur Erhöhung der Detonationssenibilität ausreichend wirksam sind und die Reibungsempfindlichkeit nicht wesentlich heraufsetzen. Hierbei kommt es weniger auf die chemische Zusammensetzung der Stoffe als auf die Kornverteilung und –form an. Geeignet sind manche Metalloxide, z.B. gewisse Formen Eisenoxid, ferner Bariumsulfat; auch Talkum ist neben anderen Inertzusätzen vorteilhaft verwendbar. Die durch Inertstoffe sensibilisierten Ammongelite vermögen im Prüfrohr über 100 at Wasserdruck auszuhalten, ohne an Detonierbarkeit einzubüssen.

Die Patronierung wird jeweils nach den Anforderungen des Messverfahrens vorgenommen.

SPRENGTECHNISCHE PRÜFUNG

Zur sprengtechnischen Prüfung von seismischen Sprengstoffen wird eine mit einem Sprengzünder versehene Patronenreihe in einem mit Wasser gefüllten und mit einem Flansch druckfesten geschlossenen Schiessrohr gezündet. Vor der Zündung wird das Wasser im Schiessrohr mit einer Abdrückpumpe auf den Prüfdruck, meist 100 at, gebracht. Die Zerlegung des Schiessrohres in Splitter gibt ein ausreichendes Bild dafür, ob alle zu der Ladesäule vereinigten Patronen durchdetoniert hatten.

Autor: Christian Letsch