Gruppenführung: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 20. März 2021, 16:31 Uhr

Gute Gruppenführung

ist in Krisenzeiten etwas elementar Wichtiges, das nicht dem Zufall überlassen werden darf. Es gibt Zeiten, in denen schnelle und mutige Entscheidungen getroffen werden müssen und andere, in denen mehr Zeit zur Entscheidungsfindung vorhanden ist.

Die gute Nachricht:

  • Ein guter Gruppenführer wird sich gerade in Krisenzeiten durch seine durchdachten, konstruktiven und fürsorglichen Ratschläge und Taten (service to others) "outen"!
  • Ein guter Gruppenführer wird sich, so die Zeit da ist, immer wieder mit der Gruppe beraten - Meinungen hören und abwägen. Zu anderen Zeiten wird er schnelle Entscheidungen treffen und durchsetzen müssen.
  • Ein guter Gruppenführer wird in täglichen "Wie geht es mir?"-Runden die Befindlichkeiten der Gruppenmitglieder erfragen, jeden zu Wort kommen lassen und praktische oder soziale Probleme sofort lösen.

Ein guter Gruppenführer wird die Tragweite seiner Entscheidungen im Hinterkopf, ein Nah-, ein Mittel- und ein Fern-Ziel vor Augen haben. (Die amerikanischen Ureinwohner haben bei wichtigen Entscheidungen die Auswirkungen auf sieben Generationen berücksichtigt (200 Jahre). Dadurch bekommt eine Entscheidung bzw. Maßnahme eine ganz andere Bedeutung und Zukunftsfähigkeit!

  • Ein guter Gruppenführer wird das Wohl der Gruppe vor sein eigenes stellen und gleichzeitig um die hohe Bedeutung seines eigenen Wohlbefindens für die Gruppe wissen.
  • Ein guter Gruppenführer wird kompetente Leute um sich versammeln, sich mit ihnen beraten und ihnen Aufgaben delegieren!
  • Ein guter Gruppenführer wird grundlegende Entscheidungen nur mit der Zustimmung der gesamten Gruppe im Konsens treffen.
  • Ein guter Gruppenführer wird sein Wissen bereitwillig an alle anderen Gruppenmitglieder weitergeben.
  • Ein guter Gruppenführer wird für Spaß und Unterhaltung sorgen lassen, besonders vor Versammlungen und wichtigen Entscheidungen!
  • Ein guter Gruppenführer wird sich für Fehler entschuldigen und im Gegenzug Anderen ebenfalls Verzeihung gewähren.
  • Ein guter Gruppenführer wird sich durch diese Merkmale und durch sein Auftreten den Respekt und die Liebe der Gruppe nahezu unbewusst erarbeiten.
  • Ein guter Gruppenführer wird sich mit der Zeit und der zunehmenden Reife und Erfahrung seiner Gruppe immer weiter aus der Führungsposition zurückziehen und anderen, mittlerweile kompetenten Führungspersönlichkeiten die Führung überlassen.
  • Ein guter ehemaliger Gruppenführer wird ähnlich einem "Ältesten" in der Gruppe sehr hoch geschätzt sein - sein Rat und seine Zustimmung wird den neuen und zukünftigen guten Gruppenführern eine große Hilfe und Unterstützung sein.

Nun die schlechte Nachricht:

Gute Gruppenführer gibt es nicht wie Sand am Meer!

  • Zukünftige gute Gruppenführer müssen erst in ihre Aufgabe, Position und ihre Fähigkeiten hineinwachsen, das braucht Zeit!
  • Zukünftige gute Gruppenführer brauchen wohlmeinende Unterstützung und Starthilfe durch erfahrenere Gruppenmitglieder zum Wohle der Gruppe!
  • Zukünftige gute Gruppenführer brauchen einen Vertrauensvorschuss durch ihre Gruppe!

Notorisch nörgelnde, besserwisserische, dauernd kritisierende Gruppenmitglieder (service to self) können einen zukünftigen guten Gruppenführer zu Fall bringen, ihn im wahrsten Sinne des Wortes verschleißen und der Gruppe dadurch massiv schaden. Hierauf müssen die erfahrenen Gruppenmitglieder ein Auge haben! Service-to-self Individuen sollten keinen Platz in der Gruppe haben, da sie der Gruppe dauerhaft schaden!

Vor dem HSP-Hintergrund

ist das Wissen und die Organisation der nordamerikanischen Mohawk-Indianer interessant!

Die Mohawks, Irokesen und anderen Stämmen aus der Region, von denen übrigens auch die Friedensstifterprinzipien stammen, haben sich wie ich finde sehr genial organisiert:

Ein Stamm besteht aus mehreren Großfamilien. Die Großfamilien sind die Clans. Jeder Clan hat eine Clanmutter, das ist eine weise Großmutter, die genau als solche von den Clanmitgliedern empfunden wird - als fürsorgliche dem Wohlergehen der Clanmitglieder sich widmende starke service-to-other-Großmutter. Die Clanmütter eines Stammes wählen den Clanchief - dem Chef des Clans. Dieser Chief wird nach besonderen Kriterien ausgewählt, die wie ich finde hochinteressant sind:

  • 1. Der Kandidat muss älter als 35 Jahre alt sein um eine gewisse Lebenserfahrung mitzubringen!
  • 2. Der Kandidat muss auf eigenen Füssen stehen, sich und seine Familie selber ernähren, schützen und versorgen!
  • 3. Der Kandidat darf nicht reich sein, in keiner Abhängigkeit zu reichen Leuten stehen, und keine reichen Freunde haben!
  • 4. Der Kandidat darf sich nicht um den Posten bewerben oder gar Werbung für sich machen!

Mit anderen Worten: die Clanmütter suchen einen Service-to-other Kandidaten!

Wenn die Clanmütter einen passenden Kandidaten gefunden haben streuen sie das Gerücht bei den anderen Frauen, dass der Kandidat X in die Auswahl zum Chief gekommen ist. Direkt daraufhin angesprochen würden sie es sofort verneinen, dass es eine solche Auswahl gibt. Das Gerücht wird seinen Weg gehen und so kommen in Gesprächen innerhalb der Familien all die Taten und Untaten des Kandidaten X auf den Tisch und gelangen über die Frauen an die Clanmütter. Auf der Grundlage dieser Resonanz im Clan und ihrer eigenen Eindrücke entscheiden dann die Clanmütter und stellen den Kanditaten X vor den ultimativen Test: Der Kandidat wird von den Clanmüttern angesprochen, ob er sich vorstellen könnte der nächste Chief zu sein. Wenn der Kandidat erschrocken zurückweicht und abwinkt, meint dass es Bessere für den Posten geben würde - dann, ja dann haben die Clanmütter genau den Richtigen gefunden! Warum? Weil Kandidat X nicht nach dem Renomee´und den Privilegien giert sondern erschrocken vor der enormen Verantwortung und der hohen Bedeutung des Chiefpostens für das Wohlergehen des Stammes zurückweicht und sich all dessen voll bewußt ist. Der Chief wird auf Lebenszeit gewählt und kann nur nach dreimaliger sich in der Intensität langsam steigender Warnungen durch die Clanmütter abgewählt werden. Dies bedeutet dann eine enorme Blamage für die Familie des Chiefs und all seiner Nachkommen, weswegen die Chieffamilie ihren Teil leistet um den Chief vor Missbrauch des Amtes zu schützen. Wenn der Chief älter wird, kann er einen jungen service-to-other Assistenten dazu nehmen, von dem der Chief ausgeht, dass er auch eines Tages als Chief in Frage kommen könnte. Dieser Assistent wird mit der Zeit in die Amtsgeschäfte einwiesen.

Wie sieht nun die Entscheidungsfindung aus?

Angenommen es gibt ein Problem, dann gehen die Clanmütter auf den/die Chiefs zu, schildern das Problem und die Chiefs haben dann Zeit eine Lösung für das Problem zu finden. Es wird nicht erwartet, dass sie auf die Lösung selber kommen, aber es wird erwartet, dass die Chiefs diejenigen finden und zu Wort kommen lassen, die die Lösung für das Problem haben! Diese Lösung wird an die Clanmütter weitergegeben, die das entweder sofort verwerfen und direkt wieder an die Chiefs geben oder aber zur Beratung an die Frauen im Clan weitergeben. Die Frauen diskutieren das mit ihren Familien und melden das Feedback zurück an die Clanmütter, die nun die gesammelten Infos und Meinungen an den Chief weiterleiten. Dieser kann die Verbesserungen einarbeiten und letztendlich einen Konsensbeschluß verkündigen über den bereits jeder im Stamm informiert ist und zu dem jeder seine Meinung hat kundtun können.

Während Versammlungen und bei Verkündigung von Beschlüssen sitzt hinter dem Chief immer eine Clanmütter und ein “Faithkeeper” als Repräsentanten und Verstärkung des eigenen Chiefs. Bei Besuchen anderer Stämme begleiten den Chief immer eine Abordnung eigener Krieger. Der Faithkeeper hat eine besondere Rolle im Stamm. Er oder sie sorgt für die gute Stimmung zwischen den Clanmitgliedern. Der Faithkeeper ist musikalisch, theatralisch begabt und hat ein feines Gespür für die sozialen Schwingungen der Menschen. Er/Sie organisiert Feste, Versammlungen, Spiele, Musikdarbietungen, die Musikanten allgemein usw.! Nach den Versammlungen wird gefeiert und der Faithkeeper organisiert dies.

Wenn in den Versammlungen schlechte Stimmungen, schlechte Wörter und Gedanken aufkommen dann kann der Chief die Schwinge einer Möwe aufnehmen und damit symbolisch die Luft reinigen. Die Möwe wird als den Reiniger/Müllschlucker der Strände empfunden und der Weg des Stammes/Clans in die Zukunft wird symbolisch als weißer Sandstrand gesehen. Wenn auf diesen Strand Dreck auftaucht dann wird dieser durch die Möwe entfernt. Praktisch gesehen springt der Faithkeeper nach dem Einsatz der Möwenschwinge auf und leitet einen allgemeinen Tanz mit Musik ein, der so lange gespielt/getanzt wird bis die schlechten Gedanken verflogen sind und sich der Clan wieder konstruktiv versammeln kann. Im schlimmsten Fall entfernen Krieger denjenigen, der die schlechte Stimmung, schlechte Wörter usw. in die Versammlung gebracht hat und nicht davon lassen will.

Im Prinzip wird aber bei den Versammlungen immer wieder betont, dass die Clanmitglieder nicht für sich sprechen sollen (service-to-self!) sondern im Sinne der Interessen der sieben nachfolgenden Generationen argumentieren sollen (service-to-other!).

Ein weiterer Punkt ist beachtenswert: Die Chiefs achten bei den Versammlungen vor allem auch auf die Leute die sich zurückhalten, die still sind und die nervös auf ihren Sitzen herumrutschen. Diese werden vom Chief aufgefordert auch ihre Meinung kundzutun. Wenn die dann mit den Worten beginnen: “Ich möchte ja nicht die allgemeine Beratung stören und eigentlich ist ja schon vieles gesagt worden, aber ...” Dann sind das meist diejenigen die die Lösung des Problems liefern! Das sind die “Stillen Stimmen”, nach denen der Chief Ausschau hält!

In Kriegszeiten wählen die Chiefs eines Stammes einen “War-chief”! Dieser hat dann besondere Vollmachten schnellere Entscheidungen zu treffen!

Wieso ist dieses Organisationsprinzip für das Human-Survival-Project so nützlich?

1. Der Chief steht nicht alleine da - er hat gewichtige Personen wie die Clanmutter und dem Faithkeeper, die hinter ihm und seinen Entscheidungen stehen. Im Grunde steht der ganze Clan hinter dem Chief! Das gibt ihm und seiner Familie Rückhalt, Selbstbewußtsein und Sicherheit. Er muss nicht befürchten jederzeit einen Dolch zwischen die Rippen durch einen Nebenbuhler oder einen Neider zu bekommen!

2. Die Entscheidungen finden weitgehend im Konsens statt, d. h. die Clanmitglieder stehen alle hinter der Entscheidung und werden auch helfen diese mit all ihrer Energie umzusetzen. Dabei gibt es dann keine geheimen Verhinderer, “Ränkeschmieder”, Störerer (Service-to-self) usw.! Dies geht nur in dem Bewußtsein, dass die Entscheidungen und Argumentationen im Sinne der nachfolgenden Generationen liegen müssen!

3. Im HSP-Fall werden sich kleinere Gruppen genauso wie größere Gruppen finden und bilden, die keine herkömmliche Großfamilienstruktur haben. Um die obige Organisation einzuführen geht es darum die große Gruppe in kleinere Clans aufzuteilen, pro Clan eine Clanmutter zu finden und zu benennen und diese auf die Suche nach einem Service-to-other Chief ihres Clans zu schicken.

Dieser Prozess kann von einem Ältestenrat begleitet und eingeleitet werden. In dem Ältestenrat sitzen die “Ältesten”, nicht unbedingt die mit dem höchsten Alter sondern, die mit der reichsten Erfahrung sozusagen die “Weisen”! Diese wiederum können einen Helferclan gründen, aus dem ein oder mehrere jeweils einen Clan betreuen, zu Versammlungen zusammenrufen und Ratschläge oder Entscheidungen des Ältestenrates weitergeben. Solange bis die Clans kompetente Chiefs, Clanmütter und Faithkeeper haben. Und auch dann noch können die Chiefs sich mit den Ältesten beraten und von dem enormen Wissen profitieren. Die Ältesten wiederum werden auf den Versammlungen und auch sonst durch bestimmte Personen ver- und umsorgt, bekommen besondere Plätze, in den bequemsten Sesseln in der Nähe der Chiefs zugewiesen und geben dem Chief allgemein Rückhalt und ein Feedback durch ihre Mimik und Gestik.

Wie man auch immer zu dem Wissen anderer Kulturen stehen mag: Die obigen Strukturen haben bei den Mohawks und Nachbarstämmen jahrhundertelang bis heute für Frieden gesorgt! Sie funktionieren und sind logisch nachvollziehbar. Wer weiß, vielleicht übernehmen wir dieses Wissen und nutzen es im Sinne unserer Kinder und Kindeskinder!

Autor: Jörg

http://human-survival-project.de