Nitrotoluole: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 21. April 2021, 16:01 Uhr

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NITROTOLUOLE

Von den Nitrierprodukten des Toluols sind die o-, m- und p-Mononitrotoluol, die 2,4-, 2,6-, 2,3-, 3,4- und 2,5 Dinitrotoluol bekannt sowie das 2,4,6-Trinitrotoluol. Technisch wichtig als Zwischenprodukte sind die drei Mononitrotoluole sowie das 2,4-Dinitrotoluol, während die anderen isomeren Dinitrotoluole in reinem Zustand ohne technische Bedeutung sind. Über die Herstellung und Verwendung des TNT (siehe unter Trinitrotoluol).

MONONITROTOLUOLE

o-Nitrotoluol

o-Nitrotoluol, Mol-Gew. 137,13; bei gewöhnlicher Temperatur klare gelbe Flüssigkeit. In festem Zustand existieren zwei Modifikationen, a-Form Fp –9,27°C, E.P- -9,55°C; Kp760 221,7°C, Kp31 120°C. Mit Wasserdampf gehen mehr als 100g Nitrotoluol pro kg Destillat über. D44 1,1742, D1515 1,1643; nD20,4 1,5474; Oberflächenspannung bei 15°C 42,29 dyn/cm; Verbrennungswärme 897 kcal/Mol. O-Nitrotoluol ist in jedem Verhältnis mit Alkohol und Ether mischbar und leicht löslich in den meisten organischen Lösungsmitteln. Bei 30°C lösen sich 0,0652 g in 100 ml Wasser.

Bei der Oxidation mit Kaliumpermanganat oder Bichromat erhält man o-Nitrobenzoesäure. Durch Reaktion mit Mangandioxid und Schwefelsäure je nach den Reaktionsbedingungen o-Nitobenzaldehyd oder Nitrobenzoesäure. Durch Reduktion des o-Nitrotoluols mit Zinkstaub und Ammoniumchlorid entsteht o-Tolylhydroxylamin; mit Eisen- oder Zinkstaub und Alkalien erhält man durch stufenweise Reduktion o-Azoxyltoluol, o-Azotoluol und Hydrazotoluol; Die Reduktion mit Eisen und Salzsäure ergibt o-Toluidin. Durch Behandeln des o-Nitrotoluos mit konzentrierter Natronlauge bei erhöhter Temperatur entstehen Anthranilsäure und daneben Azo- und Azoxybenzoesäure, o-Nitrobenzylalkohol Anthranil. Bei Chlorierung des o-Nitrotoluols in der Wärme in Anwesenheit von Überträgern, z.B. Schwefel erhält man o-Nitrobenzylchlorid, o-Chlortoluol und o-Chlorbenzylchlorid, durch Chlorierung in Gegenwart von Katalysatoren ein Gemisch von 2,4 und 2,6-Nitrochlortoluol. Mit Oxalsäurediethylester reagirt o-Nitrotoluol in Gegenwart von Natriumalkoholat zu o-Phenylbrenztraubensäure.

Herstellung

m-NITROTOLUOL

m-Nitrotoluol, Mol.-Gew. 137,13; bei Raumtemperatur klare, gelbliche Flüssigkeit; Fp +16,1°C, E.P. +15°C, Kp760 232,6, Kp15 113/114°C; D415 1,1618, D430 1,1477, nD21 1,5475. Verbrennungswärme 893 kcal/Mol. M-Nitrotoluol ist ein in jedem Verhältnis mit Alkohol und Ether mischbar, es ist leicht in fast sämtlichen organischen Lösungsmitteln. Bei 30°C lösen sich 0,0498g in 100ml Wasser.

m-Nitrotoluol wird von Chromsäure rasch, von alkalischer Eisen(III)-cyanidlösung etwas langsamer zu m-Nitrobenzoesäure oxidiert. Durch elektrolytische Oxidation erhält man als Hauptprodukt m-Nitrobenaldehyd. Durch saure, neutrale oder katalytische Reduktion kann m-Nitrotoluol in reines m-Toluidin überführt werden. Durch alkalische oder elektrolytische Reduktion erhält man ein Gemisch von etwa 55% 3,4-Dinitrotoluol, 25% 2,3-Dinitrotoluol und 20% 2,5-Dinitrotoluol

Verwendung

m-Nitrotoluol wird vor allem zur Darstellung von m-Toluidin, m-Tolidin und m-Nitrobenzoesäure verwendet

p-NITROTOLUOL

p-Nitrotoluol, Mol.-Gew. 137,13; grosse farblose, rhombische kristalle; Fp 51,6 bis 52,1°C, E.P. 51°C, Kp760 238,5, Kp9 104,5°C; D455 1,1226, D465 1,1132, nD21 1,5554. Verbrennungswärme 889 kcal/Mol.

p-Nitrotoluol wird durch eine Mischung von verd. Salpetersäure mit Chromsäure, durch Kaliumpermanganatlösung oder alkalischer Kaliumeisen(III)-cyanidlösung zu p-Nitrobenzoesäure, durch Bleioxyd in konzentrierter Schwefelsäure oder verdünnter Salpetersäure in der Siedehitze zu p-Nitrobenzaldehyd oxidiert. Mit Eisen und Salzsäure wird es zu p-Toluidin und in alkalischem Medium zu einem Gemisch von Azoxy-, Azo- und Hydrazoverbindungen reduziert. Durch Nitrierung erhält man 2,4-Dinitrotoluol. Bei der Chlorierung entstehen je nach den Bedingungen p-Nitrobenzylchlorid ( in der Wärme, meist ohne Katalysator) oder 4-Nitro-2-chlortoluol (ca. 50°C, Überträger z.B. SbCl3, FeCl3) Durch Sulfonierung erhält man 4-Nitrotoluol-2-sulfosäure. Bei Behandlung von p-Nitrotoluol mit Natriumsulfit entsteht durch Piria-Reaktion 4-Amino-toluol-3-sulfonsäure. Bei der Einwirkung von alkoholischer Kalilauge auf p-Nitrotoluol wird u.a. Dinitrstilben gebildet.

Verwendung

p-Nitrotoluol wird zu Farbstoffzwischenprodukten, wie p-Toluidin, Chlor-p-toluidinen, 4-Toluidinsulfonsäure und Nitro-p-toluidinen verarbeitet. Ferner erhält man über die p-Nitrotoluolsulfonsäure die Dinitrostilbendisulfonsäure und die Diaminostilbendisulfonsäure, die zur Herstellung von Azofarbstoffen verwendet werden.

HERSTELLUNG

Bei der Nitrierung des Toluols entstehen die drei Nitrotoluole stets nebeneinander in Mengen von etwa 63% o-Nitrotoluol, 33-34% p-Nitrotoluol und 3-4% m-Nitrotoluol. Dieses Verhältnis kann auch durch Änderung der Reaktionsbedingungen nicht wesentlich verändert werden.

Verfahren und Apparatur zur Herstellung der Nitrotoluole entsprechen denjenigen zu Nitrierung von Benzol. Zur Nitrierung des Toluols wird im allgemeinen eine Nitriersäure mit 28-32% HNO3 und 52-56% H2SO4 verwendet. Man beginnt mit der Nitrierung bei 25°C und steigert die Temperatur bis auf 40°C. Die Ausbeute an Nitrotoluolgemisch beträgt etwa 97% der Theorie. Ein Überschuss an Salpetersäure sowie höhere Temperaturen als angegeben sind zu vermeiden, da sonst durch Oxidation Nitrokresole entstehen, die bei der destillativen Aufarbeitung zu Explosionen führen können.

Aus dem Isomerengemisch kann man durch Ausfrieren und Zentrifugieren einen Teil der p-Nitroverbindung abtrennen. Aus dem dabei ablaufenden Öl werden etwa 40% im Vakuum abdestilliert, die bei nochmaliger Destillation beinahe reine o-Verbindung ergeben. Aus dem Destillationsrückstand kristallisiert noch eine weitere Menge p-Nitrotoluol aus. Das restliche Öl, in dem das m-Nitrotoluol angereichert ist, wird durch Kombination von Destillation und Kristallisation aufgearbeitet.

DINITROTOLUOLE

2,4-Dinitrotoluol, Mol.-Gew. 182,13; kristallisiert aus Alkohol in gelben Nadeln; Fp 69,5 bis 70,5°C, E.P. 68-69°C; D471 1,321, D415 1,521,Zersetzung bei 300°C, Löslichkeit in 100 ml: 0,027 g in Wasser bei 22°C, 3,046 g in Alkohol bei 15°C, 9,4 g in Ether bei 22°C, 2,19 g in Schwefelkohlenstoff bei 17°C; leicht löslich in den meisten organischen Lösungsmitteln.

2,4-Dinitrotoluol wird mit Kaliumpermanganat oder Chromsäure zu 2,4-Dinitrobenzoesäure oxidiert. Durch Reduktion mit Eisen-Essigsäure erhält man 2,4 Diaminotoluol (m-Toluylendiamin), durch partielle Reduktion mit Zinn(II)-chlorid und Salzsäure 4-Nitro-2-amino-toluol, mit kaltem Ammoniumsulfid 2-Nitro-4-aminotoluol. Durch Nitrieren von 2,4-Dinitrotoluol entsteht 2,4,6-Trinitrotoluol. Mit p-Nitrosodimethylanilin kann man 2,4-Dinitrotoluol zum p-D methylaminoanil des 2,4-Dinitrobenzaldehyds kondensieren, aus dem der 2,4-Dinitrobenzaldehyd leicht gewonnen werden kann.

VERWENDUNG

Aus 2,4-Dinitrotoluol wird das Farbstoffzwischenprodukt m-Toluylendiamin hergestellt. M-Toluylendiamin oder meist das über Nitrierung von o-Nitrotoluol erhaltene Gemisch von 2,4- und 2,6- Diaminotoluol ist nach Weiterverarbeitung zum Di-isocyanat ein wichtiges Vorprudukt für Polyurethane. 2,4-Dinitrotoluol ist auch in verschiedenen Sprengstoffkombinationen enthalten.

HERSTELLUNG

2,4-Dinitrotoluol wird durch Nitrieren von p-Nitrotoluol mit einer Nitriersäure 33,3% Salpetersäure und 66,7% Schwefelsäure gewonnen. Nitriertemperatur 55°C, ansteigend bis 90°C, Ausbeute 96% der Theorie.

GEMISCHE ISOMERER DINITROTOLUOLE

Gemische isomerer Dinitrotoluole, wie man sie durch direkte Nitrierung von Toluol oder durch Weiternitrierung von o-Nitritoluol oder Rohnitrotoluol mit Nitriersäure (35% HNO3, 60% H2SO4, 5% H2O) mit Ausbeuten von rund 96% d. Th. Erhält, werden in der Sprengstoffindustrie verwendet. Der E.P. dieser Produkte beträgt 50/51° bzw. 55/56°C. Durch die direkte Nitrierung von Toluol entsteht ein Gemisch von 74,8% 2,4- und 2,6- Dinitrotoluol und 25,2% 3,4-, 2,3- und 2,5- Dinitrotoluol. Bei der Nitrierung von o-Nitrotoluol entsteht ein Gemisch von 33,3% 2,6- und 66,6% 2,4-Dinitrotoluol, bei der Nitrierung von m-Nitrotoluol ein Gemisch von 55% 3,4-, 25% 2,3- und 20% 2,5- Dinitrotoluol.

LAGERUNG

SICHERHEITSMASSNAHMEN UND LAGERUNG VON NITROTOLUOLEN

Nitrotoluole werden in eisernen Fässern oder heizbaren eisernen Kesselwagen versandt. 2,4-Dinitrotoluol in Schuppenform kann auch in Holzfässern verpackt werden.

Ihrem unter 100°C liegenden Flammpunkt nach gehören o- und p-Nitrotoluol (95°C bzw. 90°C) in die Gefahrenklasse AIII. m-Nitrotoluol und die Dinitrotoluole gehören offiziell zwar nicht in diese Klasse, es ist jedoch empfehlenswert, bei der Lagerung die gleichen Vorsichtsmassnahmen wie die für feuergefährliche Stoffe üblichen zu beachten.

Das in der Sprengstoffindustrie als Dämpfmittel verwendete 2,4-Dinitrotoluol und das für den gleichen Zweck benutzte Gemisch aus 2,4- und 2,6- Dinitrotoluol haben keinen Sprengstoffcharakter. Es empfiehlt sich jedoch, diese Produkte von Wärmequellen und getrennt von explosionsfähigen und leicht brennbaren Gütern zu lagern.

Autor: Christian Letsch