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Aktuelle Version vom 1. April 2021, 18:30 Uhr
Wie mit jedem gutem Werkzeug kann man mit Seilen viele verschiedene Dinge machen, darunter natürlich auch viel Unsinn. Und unter all dem Unsinn gibt es auch Dinge, die ganz einfach unverantwortlich gefährlich sind. Deshalb ist es immer, wenn mit Seilen und Knoten hantiert wird, wichtig sich darüber Gedanken zu machen, was in der aktuellen Situation für Gefahren lauern, was zu beachten ist und wie diese Gefahren gemindert werden können. Nur ein sicherer und verantwortungsbewusster Umgang mit dem Material verhindert, dass der Spaß irgendwann einmal ein jähes Ende nimmt!
Zunächst einmal sollte man sich darüber im Klaren sein, ob gravierende Gefahren in der aktuellen Situation vorliegen:
- Keine Gefahr
- von ernsthaften Verletzungen liegt in vielen Bastel-Situationen vor, aber natürlich auch bei sehr einfachen und kleinen Zelt- und Lagerbauten. Das Schlimmste, was in so einer Situation passieren kann ist dann, dass jemandem was auf den Fuß fällt oder so.
- Normale Gefährdung
- tritt immer dann auf, wenn mit Zelten oder Lagerbauten hantiert wird, oder in irgendeiner Art und Weise "ernsthafte" Kräfte und Lasten auftreten. In solchen Situationen können bei einem Unfall Zelte einstürzen, Lasten auf Menschen fallen usw. Es besteht also im Falle eines Unfalls eine ernsthafte Verletzungsgefahr, die, wenn es saublöd läuft, auch bleibende Schäden hinterlassen kann.
- Lebensgefahr
- tritt immer dann auf, wenn entweder direkt Menschen befördert oder gesichert werden, wenn größere Kräfte als die eines einzelnen (ok, von mir aus zwei) Menschen auftreten, oder wenn Last von so hoch oben herunterfallen könnte, dass sie einen Menschen verletzen kann. Beispiele sind: Klettern, Abseilen, Seilbahn, große Zelte, schwere Lasten, Lagertürme etc.
In der ersten Kategorie muss man sich natürlich keine übermäßigen Gedanken zum Thema Sicherheit machen, trotzdem ist es auch hier sinnvoll gleich "richtig" mit Seilen und Knoten umzugehen, damit dies (auch von jüngeren) erlernt und trainiert wird, und sich nicht die Schludrigkeit einschleicht. Am interessantesten ist vermutlich die zweite Kategorie, da man sich in dieser bei den Pfadfindern häufig befindet. Mit ein bisschen Vorsicht und den Techniken, die hier vorgestellt werden, lässt sich das aber alles bewältigen. Die dritte Kategorie fasst Situationen zusammen die nicht so ohne weiteres angegangen werden sollten! Alles was mit Personensicherung zu tun hat (Abseilen, Klettern, Seilbahn etc.) erfordert eine entsprechende Ausbildung (z.B. vom Alpenverein), "angelesenes" Wissen reicht hier sicherlich nicht aus. Ebenso ist, immer wenn größere Lasten, Kräfte oder Dimensionen (z.B. bei Lagerbauten) auftreten, eine sehr sorgfältige Planung notwendig, da die auftretenden Belastungen für Seile und anderes Material häufig nicht korrekt eingeschätzt werden können. Da man das nicht deutlich genug sagen kann, noch einmal zwei Beispiele:
In der Personensicherung geht es nicht nur darum, die richtigen Knoten und das richtige Material zu verwenden, sondern auch darum in Stresssituationen immer noch exakt die richtigen Bewegungsabläufe zu machen, und vieles auf einmal im Blick zu haben. Wer glaubt das wäre einfach, dem seien die beiden Bände "Sicherheit und Risiko in Fels und Eis" von Pit Schubert empfohlen, hier werden typische Situationen vorgestellt, in denen auch erfahrene Kletterer, meist mit katastrophalem Ergebnis, winzige Fehler gemacht haben.
Ein Beispiel aus dem Bereich der Lagerbauten: um einen Fluss zu überqueren wird ein Seil waagrecht über diesen gespannt, es ist 6 m lang und hängt 0,25 m durch. An diesem Seil hangelt sich nun ein 50 kg schwerer Wölfling über den (selbstverständlich reißenden) Fluß. Wieviel Last muss das Seil nun eigentlich aushalten? 50 kg? 100? weit gefehlt: auf das Seil selbst wirken 300 kg Zugkraft, die Befestigungsknoten am Ende halbieren die Tragkraft des Seiles, und mit einem Sicherheitsabstand (den man in dieser Gefährdungsklasse immer braucht) kann man sich schon mal auf ein (Statik-)Seil mit deutlich mehr als einer Tonne Bruchlast festlegen!
Wie gesagt: wenn man sich nicht 100% sicher ist, sollte man sich aus dieser Gefahrenklasse fernhalten, in der anderen gibt es auch noch genug zu tun!
Nachdem man sich darüber bewusst geworden ist, was für eine Gefährdung vorliegt, stellt sich natürlich die Frage, was alles passieren könnte, und wie dies umgangen werden kann. In unserem Fall sind sicherlich die folgenden Punkte am wichtigsten:
- Knoten
- können sich lösen weil sie falsch gebunden sind oder der falsche Knoten am falschen Fleck verwendet wurde. Hier hilft nur: Knoten üben, wissen wozu sie verwendet werden und verstehen wie sie funktionieren.
- Seile
- können reißen. Also sich vorher genau überlegen wieviel Last ein Seil aushalten muss, die richtigen Seile verwenden und schadhafte oder alte Seile rechtzeitig aussortieren. Und immer daran denken: Ein Seil ist nur so stark, wie seine schwächste Stelle!
- Befestigungen
- können ebenfalls kaputt gehen. Also nicht davon ausgehen, dass man eine Jurtenstange nicht zerbrechen kann, wenn man nur genug daran zieht! Also auch hier überlegen, wieviel Last auftritt und Holz nicht "biegend" belasten, sondern immer nur stauchend und dehnend. Auch andere Verankerungen (Häringe, Ösen etc.) können natürlich ausreißen wenn sie zu stark belastet werden.
- Mangelnde Wartung
- kann viele zunächst sichere Anlagen sehr gefährlich machen. Ein Lagerturm z.B. wird nach einer Woche mit Regen, Schmutz und ständigem Rumgekraxel sicherlich nicht mehr so gut stehen, wie am Anfang des Lagers. Also in regelmäßigen Abständen überprüfen, ob alles noch ok ist!
Schlussendlich hilft es sicherlich noch bei der Vermeidung und Eindämmung von Unfällen, wenn man sich darüber im Klaren ist, was exakt denn so passieren kann:
- Brandwunden
- Seile, die sich schnell bewegen (z.B. weil etwas gerissen ist) erzeugen, wenn sie irgendwo scheuern, extreme Hitze, die nicht nur für die Seile selbst, sondern natürlich auch für Menschen gefährlich ist. Beim Bau mit Handschuhen zu arbeiten ist sicherlich nicht verkehrt.
- Quetschungen
- Seile und Knoten können im Falle einer Bewegung häufig Finger oder ähnliches einklemmen oder "in einen Knoten ziehen". Autsch!
- Peitschenschlag
- Der Effekt des Peitschenschlages ist wohl allgemein bekannt. In ungünstigen Situationen kann dieser auch ungewollt auftreten, allerdings dann häufig wesentlich stärker!
- Sturz, Schlag
- gesicherte Personen können fallen oder durch fallende Gegenstände verletzt werden.
Das alles soll nun nicht davon abhalten Zelte, Lagerbauten und Sonstiges zu bauen, es ist halt nur wichtig, dass man sich 'vorher Gedanken macht, was alles schief gehen kann, was alles passieren kann, was zu tun ist, falls etwas schief geht und wie das alles verhindert werden kann.
Autor: Robert
Quelle: http://www.schlauesbuch.de